Freitag, 1. Mai 2015

Feministischer Freitag: Geschlechterunterschiede in der Wissenschaft

Da mich das Thema sowieso interessiert und es immer wieder Alässe gibt, sich auszukotzen, führe ich an dieser Stelle und immer mal wieder Freitags den Feministischen Freitag ein. Ein bisschen für die Idee verantwortlich zu machen ist außerdem noch Jules Inklusiver Montag
Hier schreibe ich also meine Gedanken auf zu allem was irgendwie mit Feminismus zu tun hat, egal ob angelehnt an aktuelle Erreignisse oder Debatten oder weil es einfach mal aus meinem Kopf raus muss. Irgendwelche generellen Einführungen oder meine Definition von Feminsimus überspringe ich einfach mal. Den Einstieg gibt's heute stattdessen ganz abrupt zu Gechlechterunterschieden in der Wissenschaft.



Diese Woche hat bei Twitter ein Vorfall die Runde gemacht. Zwei weiblichen Wissenschaftlern wurde nämlich ans Herz gelegt, ihr Manuskript zum Thema Geschlechterunterschiede in der Wissenschaft von einem männlichen Wissenschaftler ko-autoren zu lassen.
Dazu erstmal als Hintergrund für alle nicht-Wissenschaftler: Das Spiel funktioniert so, dass man seine Forschung macht und dann zusammenschreibt, was man da gemacht hat, wie, warum und was die Ergebnisse sind. Dieses Manuskript schickt man an einen Fachzeitschriftenverlag. Dort geht es an einen Editor, der wiederum das Manuskript an einen oder mehrere Reviewer weiterschickt. Reviewer sind in der Regel immer auch Wissenschaftler aus dem gleichen Feld. Der oder die Reviewer lesen das Manuskript und teilen dem Editor ihre Meinung dazu mit. Dies beinhaltet eine Bewertung des Manuskripts in Bezug auf Schreibstil, Verständlichkeit, Sinnhaftigkeit des wie, warum und der Ergebnisdiskussion und im besten Fall konstruktive Kritik. Die Reviewer erfahren meistens, wer das Manuskript geschrieben hat, werden aber dem schreibenden Wissenschaftler wiederum nicht bekannt gegeben ("single-blind", manchmal erfahren aber auch die Reviewer nicht, wer das Manuskript verfasst hat, das nennt man dan "double-blind"). Der Editor wiederum sieht sich die Bewertungen der Reviewer an und trifft daraufhin eine Entscheidung, ob das Manuskript in aktueller Form, nach bestimmten (von den Reviewern geforderten) Änderungen oder gar nicht veröffentlicht wird. Der Editor kann sich aber auch durchaus den Reviewer (in gut begründeten Fällen) widersetzen oder andere/weitere Reviewer um ihre Meinung bitten.
So viel dazu. Zurück zum aktuellen Fall. Zwei weibliche Wissenschaftler haben also ihr Manuskript zu Geschlechterunterschieden in der Wissenschaft an eine Fachzeitschrift geschickt. Und der Reviewer (es gab nur einen und der Review war single-blind) hat unter anderem folgendes vorgeschlagen:

"…find one or two male biologists to work with (or at least obtain internal peer review from, but better yet as active co-authors), in order to serve as a possible check against interpretations that may sometimes be drifting too far away from empirical evidence into ideologically based assumptions."

Frei von mir übersetzt: "einen oder zwei männliche Biologen zu finden um mit ihnen zu arbeiten (oder zumindest ein internes Review zu erhalten, aber besser noch als aktive Co-Autoren einzubinden), um als mögliche Kontrolle gegen Interpretation zu wirken, die vielleicht manchmal zu weit von der empirischen Evidenz abweichen zu ideologisch gefärbten Annahmen".
Der Reviewer schlägt also vor, dass am besten ein männlicher Name auf dem Manuskript draufstehen sollte um sicher zu gehen, dass es sich um objektive Wissenschaft handelt. Damit wird impliziert, dass Frauen nicht in der Lage sind, objektive, datenbasierte Schlüsse zu ziehen, während Männer das sehr wohl können.

Bitte, was? Ja.

Ganz offenbar hat der Editor den Review (der laut der beiden schreibenden Wissenschaftler keine anderweitig konstruktive Kritik enthielt) mit dieser Formulierung zugelassen. Es war also nicht nur der Reviewer, der offenbar so denkt, sondern auch noch der Editor, der die Verbreitung dieses Denkens zumindest nicht unterbindet. Mir stellt sich da ganz schnell die Frage, in wie vielen Köpfen in der Wissenschaft es noch so voruteilig zugeht.

In den im Manuskript vorgestellten Forschungsergebnissen ging es wohl auch darum, dass weibliche Wissenschaftler in den frühen Karrierejahren durchschnittlich weniger Artikel in Fachzeitschriften (mit)publizieren als männliche Wissenschaftler... Hmmm... Ein wenig ironisch die ganze Geschichte, was?

Mehr Infos (nur auf Englisch) hier:
http://retractionwatch.com/2015/04/29/its-a-mans-world-for-one-peer-reviewer-at-least/
http://www.independent.co.uk/news/science/sexist-science-journal-peer-reviewer-advises-women-to-get-men-to-help-with-their-research-10214702.html
http://news.sciencemag.org/scientific-community/2015/04/sexist-peer-review-elicits-furious-twitter-response


P.S.: Ich habe ganz bewusst im Text durchweg die männliche Form bei allen Personen benutzt und nur da, wo es relevant sein könnte, das Geschlecht spezifiziert. Zuerst hatte ich versucht komplett neutrale Bezeichnungen zu finden, das war aber leider in manchen Fällen nicht möglich, da z.B. Reviewer so ein feststehender Begriff ist und sich nur schlecht ersetzen lässt.

2 Kommentare:

  1. ich und verantwortlich? ich fühle mich geehrt, weise aber verantwortung vehement von mir ;)
    finde ich gut deinen feministischen freitag! und den aufreger habe ich auch mirbekommen. gruselig.
    weiter so!
    liebe grüße,
    jule*

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    1. Hehe, okay, sagen wir, du warst inspirierende Quelle und ein bisschen auch Mutmacher. Du seist also von der Verantwortung entbunden! :-)

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